Historische Szenarien

Die Grundwasserneubildung früherer Zeiten und ihre historischen Belastungen sind heute entscheidend für die Qualität des geförderten Rohwassers. Mit historischen Szenarien können anhand von statistischen Aufzeichnungen und anderen historischen Daten die Stoffeinträge zu früheren Zeiten rekonstruiert und bewertet werden.

Das Wasser, das heute aus einem Brunnen gefördert wird, ist vor Jahren, meist sogar vor einigen Jahrzehnten in den Boden gesickert. Die Konzentration z.B. von Nitrat in diesem Wasser ist daher von der landwirtschaftlichen Praxis der damaligen Zeit geprägt.

Für einen Wasserversorger sind deshalb zwei Dinge wichtig: Zum einen interessiert er sich für die Nitratkonzentration im heute neu gebildeten Sickerwasser. Mit diesen direkten Messungen der Stofffrachten erhält er eine Prognose für die Konzentration in der Zukunft. Zum anderen benötigt er Informationen über den historischen Verlauf der Nitratüberschüsse in der Landwirtschaft, um die aktuellen Konzentrationen beurteilen zu können.

Für ein solches historisches Szenario - wie wir es beispielsweise schon für den Zweckverband Gruppenwasserwerk Dieburg erstellt haben - werden verschiedene Quellen gesichtet und gemeinsam ausgewertet. In statistischen Jahrbüchern finden sich Informationen über Düngemengen, Erträge, über den Anteil unterschiedlicher Kulturen an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche usw. Da diese Angaben im Normalfall nicht genau für die Fläche des Wassereinzugsgebietes vorliegen, müssen sie noch durch die Aufzeichnungen und Erinnerungen örtlicher Landwirte "geeicht" werden. Die Landwirte können zudem häufig wichtige "weiche" Informationen über die Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten und auch über den Naturraum beisteuern (Beispielprojekt Wasserversorger).

Wird gleichzeitig noch das Alter des Grundwassers durch eine Isotopenuntersuchung bestimmt (siehe Spezialgutachten), kann der bisherige Verlauf der Nitratkonzentration im Förderbrunnen bewertet und der künftige Verlauf abgeschätzt werden.